H.E.S.S. – Auf der Suche nach Gammastrahlungsquellen
In Namibia bilden die vier kleinen und ein großes Tscherenkow-Teleskop von H.E.S.S. ein Observatorium für Gammastrahlen aus dem Weltall. Die Teleskope messen Lichtblitze in der Atmosphäre, die auf ferne Quellen von Gammastrahlung, also Strahlung höchster Energien, hinweisen. Mit H.E.S.S. messen Forschende nicht nur, woher die Strahlung kommt und wie energiereich sie ist - sie lernen auch mehr über die Entstehung und Entwicklung von Sternen.
-
Ort:
Khomashochland in Namibia -
Baukosten:
24 Millionen Euro -
Anzahl Forschende:
260 -
Beteiligte Länder:
Armenien, Australien, Deutschland, Frankreich, Irland, Japan, Namibia, Niederlande, Österreich, Polen, Schweden, Südafrika, Vereinigtes Königreich -
Ziel:
Beobachtung von Gammastrahlungsquellen -
Gerätetyp:
Tscherenkow-Teleskope -
Untersuchungsobjekt:
Gammastrahlungsquellen -
Bauphase:
1999 bis 2004 bzw. bis 2012 (H.E.S.S. II) -
Größe der FIS:
4 kleine Teleskope (Spiegeldurchmesser: 12 m) und 1 großes Teleskop (Spiegeldurchmesser: 28 m) -
Experimentdetails:
Gammastrahlung von GeV bis TeV
Welche Erkenntnisse wir durch H.E.S.S. gewinnen
Die H.E.S.S.-Teleskope, kurz für High Energy Stereoscopic System, sind eines der bedeutendsten Observatorien, um hochenergetische Strahlung aus dem Weltall zu beobachten. Es ist nach Victor Hess benannt, der für die Entdeckung der Kosmischen Strahlung den Nobelpreis für Physik im Jahr 1936 erhalten hat. Mit den Teleskopen können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler regelmäßig eintreffende oder einzelne Ausbrüche von Gammastrahlung, also hochenergetischer Strahlung im Bereich von einiger Giga- bis Teraelektronenvolt messen - Energien, die über tausendfach höher sind als die, die kontinuierliche Gammastrahlungsquellen wie etwa der Krebsnebel aussenden.
H.E.S.S. richtet seinen Blick unter anderem direkt ins Zentrum unserer Galaxis. Dort lassen sich zahlreiche besonders interessante Objekte aufspüren, wie etwa das Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße, zahlreiche Explosionswolken von Supernovae und Pulsare. Solche Objekte sind kosmische Teilchenbeschleuniger, sie senden hochenergetische Strahlung ins All, die von den energiereichsten Vorgängen im Universum zeugt.
Bei Pulsaren beispielsweise handelt es sich um ausgebrannte Sterne - wenn also ein großer Stern seinen Brennstoff im Kern verbraucht und als Supernova explodiert. Dabei bleibt manchmal ein schnell rotierender Neutronenstern mit starkem Magnetfeld übrig, der stark gebündelt Strahlung aussendet. Doch die Achse des Magnetfelds ist im Vergleich zur Rotationsachse des Sterns meist gekippt und so streicht der Strahl ähnlich dem Lichtkegel eines Leuchtturms durch den Kosmos und trifft in regelmäßigen Abständen auf die Erde. Im Oktober 2023 haben die Teleskope von H.E.S.S. die energiereichste Strahlung eines solchen Pulsars jemals gemessen.
Wie die H.E.S.S.-Teleskope funktionieren
Gammastrahlung aus dem All dringt nicht durch die Atmosphäre der Erde - man kann sie also nicht direkt mit Teleskopen am Boden beobachten. Stattdessen erzeugt sie eine Lawine von Teilchen, die für den Bruchteil einer Sekunde einen schwachen Lichtblitz aussendet. Diese sogenannte Tscherenkow-Strahlung ist viel zu schwach, um sie mit bloßem Auge wahrzunehmen. Dies ist nur mit großen Spiegelteleskopen wie denen des H.E.S.S.-Observatoriums möglich.
Jedes der vier kleineren H.E.S.S.-Teleskope besitzt einen Sammelspiegel mit insgesamt zwölf Metern Durchmesser. Er besteht aus 380 Segmentspiegel, die mit kleinen Motoren bis auf wenige Mikrometer genau justiert werden, um eine optimale Abbildung zu erzielen. Im Brennpunkt des Teleskops befindet sich eine Kamera, bestehend aus 960 Fotosensoren. Diese ungewöhnlich große Fokalfläche verleiht den Teleskopen ein weites Bildfeld mit fünf Grad Durchmesser. Inmitten der vier äußeren Teleskope steht H.E.S.S. II, ein größeres Teleskop mit einem Spiegel mit 28 Metern Durchmesser und 2048 Fotosensoren.
Das Teleskoparray registriert jede Sekunde etliche hundert Lichtblitze, von denen aber nur einige pro Minute von „interessanter“ Gammastrahlung stammen. Den Rest erzeugen Teilchen der normalen Höhenstrahlung. Sie bilden eine unerwünschte Hintergrundstrahlung, die man mithilfe von Computern herausfiltern muss. Da die Teleskope die Spuren der Gammastrahlung gleichzeitig aus verschiedenen Winkeln aufnehmen, lässt sich schließlich präzise die Energie und der Herkunftsort der Strahlen bestimmen.
Wer an H.E.S.S. beteiligt ist
Das Gammastrahlenobservatorium H.E.S.S. betreibt die vier Teleskope von H.E.S.S. und das fünfte, größere Teleskop H.E.S.S. II. Neben Namibia, dem Land, in dem die Teleskope gebaut wurden, sind zwölf weitere Nationen an der Kollaboration beteiligt.
Insgesamt arbeiten über 260 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von rund 40 Universitäten und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen zusammen und haben bereits über 100 Fachartikel in bedeutenden wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht.
Was gerade an H.E.S.S. passiert
Die Teleskope von H.E.S.S. leisten bereits rund zwei Jahrzehnte maßgebliche Beiträge zur Erforschung hochenergetischer Strahlung aus dem Weltall. Im Jahr 2002 ging das erste Teleskop in Betrieb - die drei weiteren der kleineren Teleskope wurden dann 2004 eröffnet. Seit 2012 ist mit H.E.S.S. II auch das fünfte, größere Teleskop in Betrieb. Dadurch kann das Array nun noch empfindlicher und auch Strahlung niedrigerer Energie als zuvor messen. Von 2015 bis 2016 wurde die Kamera der ersten Teleskope erneuert. Neben der Forschung mit H.E.S.S. selbst fließen die Ergebnisse und technischen Entwicklungen in die aktuell entstehenden Teleskope von CTA – dem Cherenkov Telescope Array – ein. Im Laufe des Jahrs 2024 soll dann der Betrieb von H.E.S.S. eingestellt werden.
zuletzt aktualisiert: Februar 2024